Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts
Stellungnahme der Ständigen Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland, Botschafterin Gesa Bräutigam, bei der 84. gemeinsamen Sitzung des Forums für Sicherheitskooperation und des Ständigen Rats der OSZE einberufen gem. Paragraf 16.3 des Wiener Dokuments zu „Ungewöhnlichen militärischen Aktivitäten auf dem Gebiet der Republik Belarus“ am 16. Februar 2022 in Wien
Herr Vorsitzender des Ständigen Rats,
Herr Vorsitzender des FSK,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
Deutschland schließt sich der Erklärung der Europäischen Union vollumfänglich an. Erlauben Sie mir dennoch, einige Worte in nationaler Kapazität zu ergänzen.
Die aktuelle, akute Bedrohung der Sicherheit im OSZE Raum ist besorgniserregend. Der massive russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine und die ungewöhnlichen militärischen Übungstätigkeiten in Belarus betreffen nicht allein die unmittelbaren Nachbarstaaten. Sie betreffen uns alle und sie drohen die gesamte, regelbasierte Sicherheitsarchitektur unserer Region zu untergraben.
Die OSZE wurde geschaffen, um gerade in Krisenzeiten zu deeskalieren und in solchen Situationen für Transparenz, für Vertrauen und für Sicherheit zu sorgen. Wir brauchen die Instrumente der OSZE, die wir alle gemeinsam beschlossen haben, zur Prävention und Lösung von Konflikten. Aber nur, wenn wir diese Instrumente auch gemeinsam nutzen, können wir Frieden, Sicherheit und Stabilität in unserer Region wiederherstellen und bewahren. Wir sind dankbar, dass die OSZE alle Mittel nutzt, inklusive des „Early Warning“ vom 14. Februar, um dem Ernst der aktuellen Lage Rechnung zu tragen.
Deutschland unterstützt ausdrücklich die Entscheidung unserer baltischen Partner – Litauen, Lettland und Estland – ihre Sicherheitsbedenken und Bedrohungsperzeption diplomatisch im 2
Rahmen des Konsultationsmechanismus des Wiener Dokuments zu thematisieren. Wir appellieren an Belarus, sich aktiv und aufrichtig an der vollständigen Klärung der offenen Fragen und an der Herstellung militärischer Transparenz zu beteiligen und so zur Entschärfung der aktuellen Krise beizutragen. Wir bedauern zugleich, dass Russland – das den Großteil der Truppen stellt – sich dem Dialog durch Fernbleiben entzieht. Russland trägt damit nicht zur Deeskalation bei.
Deutschland steht eng und unumstößlich an der Seite seiner baltischen Partner und der Ukraine. Wie Bundespräsident Steinmeier heute erneut versichert hat, können sich unsere baltischen Bündnispartner auf Deutschlands Solidarität und praktischen Beistand verlassen. Wir werden keine Kompromisse bei Grundprinzipien der europäischen Friedensordnung oder der Souveränität und territorialen Integrität von Teilnehmerstaaten eingehen.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
Um ein friedliches Miteinander wiederherzustellen, müssen alle Teilnehmerstaaten den notwendigen politischen Willen zur Zusammenarbeit an den Tag legen und sich konstruktiv einbringen. Die Foren und informellen Formate der OSZE, wie der Ständige Rat, das FSK, der Strukturierte Dialog, aber auch das vom polnischen OSZE-Vorsitz jüngst initiierte Format „Renewed OSCE European Security Dialogue“ (RESD) bieten einen guten Ausgangspunkt, um ehrlich über die Sicherheitsinteressen aller OSZE-Teilnehmerstaaten zu sprechen, Vertrauen wiederaufzubauen und unserer aller Sicherheit langfristig zu gewährleisten.
Viele haben in den vergangenen Wochen betont, welche Bedeutung militärische Transparenz, Risikoreduzierung und Rüstungskontrolle bei diesem Prozess haben. Hier und heute, in dieser Sitzung, sehen wir ein konkretes Beispiel dafür, wohin uns der Weg führen kann, wenn die vorhandenen Instrumente zur Vertrauensbildung und militärischen Transparenz nicht von allen genutzt werden.
Es ist nun allerhöchste Zeit, den Weg zu einer militärischen Konfrontation zu verlassen und zur diplomatischen Zusammenarbeit zurückzukehren. Wir rufen alle Teilnehmerstaaten auf, sich am Dialog zu beteiligen, um unsere gemeinsame Sicherheitsarchitektur zu stärken.
Vielen Dank.